Finanzberichte richtig lesen – Teil 2

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Im ersten Teil dieser Reihe haben wir uns damit beschäftigt, wie man Gewinn- und Verlustrechnungen richtig liest. Wenn du unseren ersten Artikel noch nicht gelesen hast, empfehlen wir dir, dich zunächst hier einzulesen, bevor du hier weiterliest.

Diesmal geht es um den zweiten Teil eines Finanzberichts: die Bilanz. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Buchhaltungsinstrument und einen integralen Bestandteil jedes Finanzberichts.

Wie schon beim letzten Mal wollen wir das Thema am Beispiel dieses Finanzberichts von Apple erläutern. Lies ihn am besten parallel zu diesem Artikel, um konkrete Beispiele zu den Begriffen und Konzepten zu erhalten die wir hier erklären.

Die Bilanz

Eine typische Bilanz besteht aus drei Teilen: Aktiva, Passiva und Eigenkapital. Der Grund, warum dieses Dokument als Bilanz bezeichnet wird, ist, dass sich alle drei die Waage halten. Die Formel lautet wie folgt: Aktiva gleich Passiva plus Eigenkapital.

Hier ein einfaches Beispiel dafür, wie das funktioniert. Angenommen, du kaufst ein Haus für 1 Million Euro, leistest eine Anzahlung von 100.000 Euro und nimmst für den Rest eine Hypothek auf. Deine Aktiva sind das Haus: Es ist 1 Million Euro wert. Deine Passiva sind das, was du der Bank schuldest, also die 900.000 Euro aus deiner Hypothek. Dein Eigenkapital ist der Teil des Hauses, den du aus eigener Tasche bezahlt hast.

Kurzum: Aktiva sind das, was du zur Verfügung hast, Passiva sind das, was anderen gehört, und Eigenkapital ist das, was am Ende noch übrig bleibt.

Aktiva

Die Aktiva sind in der Bilanz in zwei Kategorien unterteilt: kurzfristig und langfristig. Zu den kurzfristigen Aktiva gehört alles, was das Unternehmen innerhalb eines Jahres voraussichtlich in Geld verwandeln wird. Sie beinhalten auch tatsächliches Barvermögen. Außerdem zählen dazu marktfähige Wertpapiere wie Aktien oder Anleihen, die schnell in Bargeld umgewandelt werden können, sowie Forderungen, also Geld, das Kunden dem Unternehmen noch schulden aber noch nicht bezahlt haben. Ebenfalls enthalten ist Inventar wie Rohstoffe oder nicht verkaufte Produkte, die schnell verkauft werden können. In Apples Fall könnten das beispielsweise noch unverkaufte iPhones im Apple Store sein.

Langfristige Aktiva sind, wie der Name schon sagt, Dinge, bei denen es länger als ein Jahr dauert, sie in Geld zu verwandeln. Dazu gehören Gebäude, Maschinen oder Ausrüstung, die das Unternehmen besitzt, sowie alles andere, bei dem die vollständige Realisierung eines Vermögenswerts länger als ein Jahr dauert.

Passiva

Jetzt kommen wir zu dem Teil der Bilanz, an dem das Unternehmen anderen Geld schuldet. Auch die Passiva lassen sich mit derselben Definition wie zuvor in kurzfristige und langfristige Posten aufteilen: Alles, was innerhalb eines Jahres fällig wird, gehört zu den kurzfristigen Passiva. Bei Beträgen, die danach fällig sind, spricht man von langfristigen Passiva

Zu den kurzfristigen Passiva gehören Dinge wie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen – die Kehrseite der Forderungen: Diesmal ist es das Unternehmen, das jemandem Geld schuldet aber noch nicht bezahlt hat. Ebenfalls enthalten sind sogenannte Erlösabgrenzungen, also Geld, das Kunden für etwas im Voraus bezahlt haben, das sie in Zukunft erhalten werden. In Apples Fall könnten dies iPhone-Vorbestellungen sein. Sobald die entsprechende Ware ausgeliefert wurde, werden diese Beträge den tatsächlichen Erlösen zugerechnet.

Wichtig ist hier auch die Verschuldung des Unternehmens. Die Unterscheidung zwischen kurzfristigen und langfristigen Faktoren ist notwendig, da sich ein Unternehmen mit einer großen Menge an kurzfristigen Verbindlichkeiten, die es bald abzahlen muss, in einer anderen finanziellen Situation befindet als ein Unternehmen mit vielen langfristigen Verbindlichkeiten. Die kurzfristigsten Schulden werden als Commercial Paper bezeichnet und für unmittelbare Ausgaben wie Gehaltszahlungen, Zahlungskonten und ähnliches verwendet. Commercial Paper wird normalerweise innerhalb weniger Tage und nie länger als 270 Tage fällig.

Eigenkapital

Nun kommen wir zum ausgleichenden Teil der Bilanz. Im Abschnitt „Eigenkapital“ gibt es normalerweise nur wenige wichtige Zeilen. Die erste Zeile ist Aktien und einbezahltes Kapital. Dies ist der Wert aller von einem Unternehmen ausgegebenen Aktien sowie das Geld, das die Aktionäre dem Unternehmen dafür gezahlt haben. Wichtig ist, dass es sich hier um einen Nennwert handelt. Dies ist normalerweise ein winziger Betrag, der auf jede Aktie aufgedruckt ist und keinen Bezug zum Börsenwert einer Aktie hat. Er wird vorwiegend für die Buchhaltung verwendet.

Darunter haben wir die Gewinnrücklagen. Aktionäre haben als Teilhaber eines Unternehmens Anspruch auf einen Teil des Unternehmensgewinns. Das Unternehmen benötigt aber Geld für die Fortführung des Geschäftsbetriebs und behält deshalb einen Teil der Gewinne ein. Was nicht in Dividenden ausgezahlt wird, wird als Gewinnrücklage bezeichnet.

Sobald diese Dinge hinzugefügt wurden (bei Apple gibt es auch noch eine weitere Zeile für diverse Gewinne/Verluste), sollten sie sich gegenseitig ausgleichen. Insgesamt bietet die Bilanz eine Momentaufnahme der Finanzsituation eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie zeigt nicht die Quartalsentwicklung eines Unternehmens – ob der Umsatz gestiegen oder gesunken ist –, sondern in welcher finanziellen Lage sich das Unternehmen am Ende befindet. Zusammen mit der Gewinn- und Verlustrechnung bildet sie einen wichtigen Bestandteil eines Finanzberichts.